Hoch hinaus: Expedition Huayna Potosi (6088m)

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Vor knapp 10 Jahren bin ich am Gipfel dieses wunderschönen Berges gestanden. Es war einer der schönsten Augenblicke überhaupt - vielleicht sogar mein Schönster. Die widrigen Umstände - die unglaubliche Anstrengung, der Sauerstoffmangel - machten den Sternenhimmel nachts beim Gipfelsturm auf über 5000m umso schöner. Und dann der Sonnenaufgang, das überwältigende Gefühl am Gipgel zu stehen, die Erdkrümmung zu erkennen - es war unglaublich! Da weiß man wie klein man ist, und wie groß und schön die Welt ist!

Nachdem ich also wusste wie hart es wird und ich Isa diesen Augenblick unbedingt gönnen wollte beschlossen wir uns gut darauf vorzubereiten und dann dieses Biest zu brechen.

Nach einiger Zeit der Akklimatisierung wollten wir uns mit ein paar Trekkingrouten rund um La Paz einzustimmen. 
Der Chacaltaya - ein ehemaliges Skigebiet - stand ganz oben auf der Liste. Die meisten Touris fahren mit dem Bus hoch und gehen nur die letzte halbe Stunde auf den Gipfel, das war uns natürlich zu wenig. So mussten wir ganz schön lange suchen, bis wir ein Reisebüro fanden, das uns eine Tour mit Übernachtung in der Hüttte oben anbieten konnte. "Noch mal schnell mein Fieber und Darmprobleme auskurieren" und dann konnte es schon losgehen!


Unser Guide sprach nur Spanisch, aber die Basics schaffen wir mittlerweile ganz gut. So konnten wir ihm auch verklickern, dass wir zu Hause am 1. Mai die Badesaison mit einem Sprung ins kühle Nass eröffnen und er führte uns zu einigen schönen Lagunen und ohne Scheu sind wir rein! (Ja gut, nur bis zu den Oberschenkeln, aber es war wirklich pervers kalt mit Eisschicht am Rand... - noch schlimmer war der beißend kalte Wind dazu! Wir wollten für unser Vorhaben nichts riskieren).


Dann wanderten wir los, langsam und mit viel schnaufen, aber stetig bergauf. Knapp unterhalb des Gipfels erfuhren wir leider, dass das Refugio geschlossen war (trotz mehrmaligem Nachfragen im Reisebüro, sehr ärgerlich - es ist 15h und du bist auf 5000m total erschöpft und willst doch nur schlafen ...). Wir hatten die Möglichkeit in einer Art Verschlag auf Steinboden zu schlafen (ohne Wasser und Kochmöglichkeit) oder wieder hinunterzugehen und in der Travel Agency am Boden zu schlafen (wir hatten ja schließlich keine Reservierung in der Stadt...).


Mit einigem Widerwillen mussten wir uns für Option 2 entscheiden. Nach einer kurzen Jausenpause stapften wir zum Gipfel auf 5.400m, genossen den traumhaften Ausblick über Berge, Gletscher, Seen und El Alto und stiegen wieder ab - was in Summe an Gehzeit dann auch ziemlich heftig war (nämlich mit - dann überflüssigem - Übernachtungsgepäck) und wir abends zu spüren bekamen. Das schlafen am Holzboden war uns dann eigentlich ziemlich willkommen - Hauptsache schlafen ;-)

Am nächsten Tag fuhren wir wieder in den Nationalpark und begingen unsere ursprüngliche Route von der anderen Seite. Wir sahen zahlreiche ziemlich flinke Viscachas - eine Mischung aus Hase und Murmeltier mit ausgezeichneter Tarnfarbe!
Bei der Gletscherzunge des Charkini auf knapp über 5000m und dem wunderbar eisblauen See machten wir Lunch-Stop. Das Wetter schwenkte um, am Gipfel gab es keine Sicht und so gingen wir wieder zurück.
Trotz aller Umstände hatten wir zwei schöne Tage - eine Rundwanderung und nur 4 statt 8 Stunden im Auto zu sitzen hätte uns aber natürlich besser gefallen ;-)

Wir hatten einen Tag Superkompensation eingeplant, und so haben wir vom Pico Austria erfahren, für uns natürlich Pflicht da hinaufzugehen!
"So a sches Tagal!" hörte ich da meinen Lieblingsschwager förmlich sagen :-D (Isa) Wir hatten Traum-Wetter, Traum-Aussicht und Traum-Puste! Nach dem Training der letzten Tage fiel uns der Aufstieg auf 5.350m relativ leicht.
Von dort sahen wir die weißen Gipfel der Corillera Real und sogar bis zum Titicacasee!

Nun fühlten wir uns bereit, den mächtigen Huayna Potosí zu besteigen.
Am Tag 1 fuhren wir zum Basislager auf 4.700m, aßen dort zu Mittag und spazierten zu einer Eiswand, wo uns unser Guide ein paar Techniken für den Gletscher beibrachte. Einmal abseilen und die senkrechte Steilwand mit Steigeisen und Eispickel hochklettern war auch dabei - just for fun (Isa entpuppte sich als kleine Gletscherkönigin - sie kraxelte mit Eispickel hoch als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht. Allerdings konnte sie danach ihre Finger nicht mehr bewegen, so schmerzhaft anstrengend war das - soviel zum "fun" ;-)


Tag 2 hat nur den Aufstieg zum High Camp auf 5.130m vorgesehen. Und wir bekamen pausenlos was zu essen :-)
Um 18 Uhr waren wir im Bett, geschlafen haben wir aber kaum - Nervosität und die Höhe machten uns zu schaffen.


Um 23 Uhr klingelte dann der Wecker, um dann Punkt Mitternacht angepampft wie Astronauten als Erste loszustarten. Wir wussten dass wir eher langsam gehen deshalb wollten wir früher los, das entpuppte sich als handicap:
der Wettergott war leider nicht auf unserer Seite - es schneite stark! Wir mussten also im Neuschnee ca 2,5h spuren - und es blies eisiger Wind. Zum Teil gab es so viel Schnee dass ich Isas Spuren fast nicht mehr erkannte obwohl sie 3m vor mir am Seil ging. Ein Schritt hoch hieß zum Teil wieder einen Halben hinunterzurutschen oder bis zum Knie einzusinken - sehr kräfteraubend.


Obwohl wir uns gut fühlten drängte uns unser Guide aufgrund von späterer Lawinengefahr bei Sonnenaufgang zum Umkehren. Wir waren zu langsam und würden es nicht bis zum Gipfel schaffen... aber wir beschlossen einfach mal so lange zu gehen bis wir wirklich nicht mehr konnten. An einer Stelle über 5800m wo mein Cousin vor 10 Jahren aufgeben hat müssen blieben wir dann stehen und überlegten. Unsere Kräfte waren nahe am Ende, und das größte Hindernis am Gipfel ist einfach: du musst da auch wieder runter, und das möglichst rasch!

Wir entschlossen uns aufzugeben, auch wenn die Enttäuschung groß war. Das Wetter hat nicht gepasst, der bisherige Weg war extrem kräfteraubend und ein 6.000m Gipfel ist doch mit mehr Risiko behaftet als ein Hausberg daheim. Ein bisschen gemein war dann dass wir auch im Finsteren runtergehen haben müssen - also keine Aussicht! Aber immerhin haben wir beim Abstieg den roten Sonnenaufgang gesehen - kurz vor der Rückkehr zum High Camp. 
Dort angekommen konnten wir uns ehrlich gesagt nicht vorstellen, wie uns unsere Beine an diesem Tag noch ganz nach unten tragen sollten (mit knapp 25kg Ausrüstung), so erledigt waren wir. Aber nach einem kleinen Schläfchen und einer Quinoasuppe gings dann doch irgendwie - der menschliche Körper ist einfach ein Wunder :-)

In La Paz angekommen hatte ich wiedermal Fieber und Durchfall. Bei dieser Häufigkeit hieß das: ab ins Krankenhaus. Dort stellten wir fest dass ich zu viele Amöben im Darm hatte und mir die Krankheit in den letzten Wochen mehr als 20% meines Körpergewichts geraubt hatte - im Nachhinein umso verwunderlicher dass wir so hoch kamen.

3 Tage später musste Isa dann auch noch zum Arzt.

Wir wollten dem Huayna Potosí eine weitere Chance geben, aber letztendlich ließen uns ein paar Krankheitstage und eine neuerliche Schlechtwetterphase dagegen entscheiden. Erneuter Muskelaufbau, Höhentraining und dann auf ein gutes Wetter warten würde sicher 3 weitere Wochen in Anspruch nehmen.

Auch der Pampas-Tour in Rurrenabaque haben wir schlussendlich den Rücken gekehrt, weil es keine Zertifizierungen für die Natur bzw. eine artgerechte Behandlung der Tiere gibt (man kann dort zB mit rosa Delfinen schwimmen) und wir für drei Nächte nicht extra die CO2 Bombe zünden und in den Flieger steigen wollten (Alternative: 12-18h Busfahrt - one way!!).

Somit gings als nächstes zum riesigen Titicacasee, für eine Nacht nach Copacabana und eine Nacht auf die Isla del Sol. Es war sooooo entschleunigend!!
Inseln ohne Straßen sind einfach wunderbar und nach so langer Zeit in La Paz konnten wir diese Ruhe richtig aufsaugen. Unser Zimmer hatte See- und Bergblick - man konnte sich einfach nicht sattsehen. Und nicht sattessen an den gegrillten Forellen - wir haben nix anderes gegessen haha!

Und immer wenn ich denke ich kann nicht mehr, hab keine Kraft mehr läuft vor meinem inneren Auge das grandiose Video von Dominik Landertinger ab (https://m.youtube.com/watch?v=3M-9rKLZIe4) und dann geht immer noch ein bisserl mehr!

Die Fotos

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Comments

Altine and Bob 4 years, 10 months ago

Hey there Robert and Isabella! Wow, that is a really impressive climb you did. Now we understand why the Salkantay trek was a piece of cake 🍰 for you ;). Looking forward to read how you, sexy ninja's, hiked this trek. Hugs from Iquitos and see you soon in Oman.
Bye, Bob and Altine

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Bob and Altine 4 years, 10 months ago

Hey sexy ninja's! Wow, that climb you did is really impressive. Now we know why the Salkantay trek was a piece of cake 🍰 for you ;). Looking forward to read about it. Hugs from Iquitos and see you soon in Oman!
Bye, Bob and Altine

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